Heiner Hiltermann, Journalist und Autor
Jeder grössere Ort hat einen Morgen- und einen Nachtmarkt, meist an weit voneinander entfernten Plätzen. Auf dem Morgenmarkt, der sich über den ganzen Tag erstreckt, bieten die Bäuerinnen der Gegend ihre Produkte. Es ist Erntezeit und deshalb ist das Angebot gross: Tomaten, Zwiebeln, Karotten, Kartoffeln, Kohl, Bohnen, Erbsen und jede Menge uns unbekanntes Gemüse. In grossen Schüsseln schwimmen Fische, daneben wird ein Huhn zerhackt. Mit einer an einen Stock gebundenen Plastiktüte wedelt die Metzgerin die Fliegen fort. In einer Ecke tragen Styroporpuppen den neuesten China-Chic.
Allein, es fehlen die Kunden, die Gänge zwischen den Ständen sind weitgehend leer. Merkwürdig ruhig geht es zu, kaum jemand spricht miteinander. Beinahe teilnahmslos sitzen die Frauen hinter ihrer
Auslage und sehen den Salatblättern beim Welken zu.
Auf dem Nachtmarkt wird dann hoffentlich verwertet, was tagsüber übrig geblieben ist. Dort wird hauptsächlich gegessen, dort bieten die Frauen aus der Umgebung an kleinen Ständen so ziemlich alles
vom Tier, was man sich gekocht, gegrillt oder frittiert vorstellen kann. Vegetarier haben es hier schwer, selbst der Gemüsereis wird hier noch in einer ordentlichen Portion Schweineschmalz gebraten.
Und die extra vegetarisch bestellte Gemüsesuppe – vermutlich mit Fleischbrühe – wird zum Schluss noch mit einer Handvoll Hühnerklein garniert. Aber die Stände sind, ausser in Luang Prabang, zuerst
einmal nicht für die Touristen. Auf den Nachtmärkten gönnt sich die lokale Bevölkerung ein paar pikante Extras, die sonst nicht auf der Speisekarte stehen. Das Essen ist preiswert, aber die
Marktfrauen kommen so womöglich doch noch auf ihre Kosten.