Heiner Hiltermann, Journalist und Autor

Incredible India, unglaubliches Indien! Schon vom ersten Tag an wird das Land dem Spruch der Tourismuswerbung gerecht. Wir waren von Kathmandu an die Grenze mit dem Bus schon holprige zehn Stunden unterwegs, inklusive zweier Reifenwechsel. Für die kaum längere Strecke von der Grenze nach Varanasi, der den Hindus heilige Stadt am Ganges, benötigen wir 15 Stunden, eine einstündige Irrfahrt mit der Fahrradrikscha durch Gorakhpur auf der Suche nach dem richtigen Bus inbegriffen. Der Zustand der Strassen hier ist tatsächlich unglaublich: Ein Schlagloch reiht sich ans andere, unser Bus fährt mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von vielleicht 25 Kilometern pro Stunde. Ein Staat der Atomraketen besitzt und Satelliten ins All schiesst ist nicht in der Lage, seine Infrastruktur zu unterhalten. Aber Indien schafft es ja auch nicht sicherzustellen, dass 500 Millionen Arme – fast die Hälfte der Bevölkerung – genug zu essen bekommen. Die Menschen nehmen es offenbar mit einer erstaunlichen, beeindruckenden Gelassenheit. Und verweisen stolz auf die Buntheit ihrer Kultur, das Alter ihrer Religion, ihre Spiritualität und die Vielfalt ihrer Tempel. In denen werden die Götter mit Inbrunst um ein besseres Leben nach der Wiedergeburt angefleht. Warum sich um ein besseres Leben im Diesseits bemühen? Das hat man ja wohl im vorhergehenden Leben verpasst. Incredible India!

Text und Foto: © Copyright Heiner Hiltermann