Heiner Hiltermann, Journalist und Autor

Dambulla ist eine hektische Stadt, der ganze Fernverkehr Sri Lankas muss durch dieses Nadelöhr: Mitten in der Stadt kreuzen sich die Hauptstrassen von Colombo nach Trincomalee und von Kandy nach Jaffna. Mit dabei so ziemlich alle Obst- und Gemüselaster der Insel – hier in Dambulla steht der grösste Markt für alles, was auf Sri Lankas Äckern und Bäumen wächst. Kokosnüsse stapeln sich auf dem Boden, Kisten mit Tomaten, Bananenstauden, Ananas, Papaya, Kohl, Lauch und hundert andere Gemüse- und Obstsorten, von denen der Laie höchstens die Hälfte kennt. In drei Fussballfeld grossen Hallen wird gefeilscht und gehandelt, von morgens früh bis nachts um drei.

Zu hunderten drängen sich die Lkw auf dem Gelände. Doch was nach Chaos aussieht, hat System. Von ihren Büros an den Längsseiten dirigieren die Händler ihre Arbeiter. Die schwingen sich die zentnerschweren Säcke mit Zwiebel, Maniok oder Blumenkohl auf den Rücken und tragen sie von einem Wagen zum anderen. Wobei sie geschickt die schmalen Durchgänge zwischen Lkw und Gemüsestapeln nutzen. Wehe einer steht im Weg – der wird gnadenlos auf die Seite gescheucht. Männer mit Klemmbrettern unter dem Arm sorgen dafür, dass alles seinen richtigen Weg findet. Jede Lieferung wird sorgfältig registriert.

Doch in all der Hektik finden die Männer – Frauen sind hier eine absolute Minderheit – doch Zeit, den Besucher zu wahrzunehmen. Einer bricht für mich eine längliche rotbraune Schote auf, in der kleine rote Bohnen aufgereiht sind. Den Namen weiss er nur auf Tamil. Zwei andere bitten mich um ein Foto, ein dritter kommt hinzu, ein vierter. Natürlich hätten sie das Bild gerne, das ich ihnen auf dem Kameradisplay zeige. Ich frage nach ihrer mail-Adresse, sie haben keine. Der Boss wird gefragt, aber der winkt nur ab. Schliesslich erinnert sich einer, dass es ja Facebook gibt. Doch als sie mir ihre Adresse zeigen, kann ich sie nicht lesen – sie ist in Tamil geschrieben! Der Chef wird langsam ungeduldig, ich halte die Leute von der Arbeit ab. Mit einem bedauernden Lächeln verabschieden wir uns.

Text + Fotos: © Copyright Heiner Hiltermann