Heiner Hiltermann, Journalist und Autor

Morgens um 6 Uhr liegen die Straßen in Negombo weitgehend leer und verlassen. Das Tuktuk braucht keine Viertelstunde bis zur Brücke über die Lagune. Am südlichen Ende ist die Einsamkeit schlagartig vorbei: Hier findet jeden Morgen ein Fischmarkt statt.

Kein Markt für die kleinen Fische, wie man sie aus jeder Küstenstadt kennt, wo den ganzen Vormittag Krabben, Langusten und Tintenfische, hübsch auf Eis drapiert, angeboten werden, oft von alten Frauen. Den gibt es auch in Negombo, drüben beim alten Fort. Hier an der Lagunenbrücke verkaufen die Hochseefischer ihren Fang, die richtig großen Tiere. Negombo ist berühmt dafür. Und um 9 Uhr ist hier alles vorbei.

Vor der Halle herrscht geschäftiges Treiben. Fahrradkuriere schleppen Plastiktüten voll mit Fischstücken zu eisgefüllten Kühlkisten auf ihren Gepäckträgern. Tuktuks warten auf Fracht und Passagiere. Rufe hallen über die Straße, die Händler überbieten sich gegenseitig im Preis. Bündel von Geldscheinen wechseln den Besitzer. Ein Mann guckt grimmig – hat ihm gerade ein Konkurrent einen guten Fang vor der Nase weggeschnappt?

Vorne in der Halle werden die kleineren Fänge verhandelt, immerhin auch schon Thunfische von stattlicher Größe. Hinten schliesst sich eine freie Fläche an und dort werden die großen Tiere zerlegt. Ist das dort ein Teil von einem Wal? Groß genug wäre es! Einer hackt an Teilen herum, die aussehen wie die Rückenfinnen von Haien. Aber die Körper sind nirgends zu sehen. Sind sie schon an eine Fabrik verkauft, für Katzenfutter? Oder haben die Fischer die Leiber einfach wieder ins Meer geworfen, nachdem sie die Flossen abgeschnitten hatten? Das soll gar nicht so selten vorkommen, vom Haifisch sind nur die Flossen begehrt.

 

Zwei Männer legen lange, schmale Fische auf eine Waage, sie rutschen immer wieder ab, bis sie die Hinterleiber miteinander verschlingen. Die abgeschnittenen Schwanzflossen werden achtlos beiseite geschoben, Hunde und Krähen balgen sich um die Reste. Die Boote am Kai werden schon wieder vorbereitet für die nächste Ausfahrt, Wasser spritzt, Eis und Abfälle landen klatschend im Hafenbecken.

Ein alter Mann schabt mit einer Machete die Schnittflächen der von ihm zerlegten Fische sauber, die graue Masse aus Blut und Fett wischt er mit der Hand in die Blutlachen auf dem Betonboden. Ein paar Touristen schiessen Fotos, die Gesichter sind bleich: Die Schlachterei ist gewöhnungsbedürftig. Es riecht intensiv nach totem Fisch. Der Geruch haftet auch nach einer Dusche noch auf der Haut. 

Text + Fotos: © Copyright Heiner Hiltermann