Heiner Hiltermann, Journalist und Autor

Es ist kühl am Morgen  um 5 Uhr in Haputale, es hat am Abend und in der Nacht geregnet. Aber nicht nur deshalb ist es frisch: Haputale liegt rund 1400 Meter hoch und in Sri Lankas Bergen kann es ganz schön kalt werden. «Der Regen ist gut für den Tee», hat meine Gastgeberin gesagt, und so dem Guss noch etwas Gutes abgewinnen können. Wegen des Tees bin ich überhaupt so früh aufgestanden. Eine der Attraktionen in Haputale ist der «Lipton´s Seat», ein Berggipfel, knapp 2000 Meter hoch, von dem aus der Erfinder des Lipton Tea, Sir Thomas Lipton, zu Lebzeiten gerne auf sein Reich hinab geblickt hat. Der Sonnenaufgang soll da oben fantastisch sein.
Oben am Aussichtspunkt zeichnet sich im Osten ein heller Streifen ab. Doch die Wolkendecke ist zu dicht, die Sonne hat keine Chance. Mit zunehmender Helligkeit wird jedoch klar, warum Lipton diesen Platz geliebt hat: Ein Hügel reiht sich an den anderen, alle bedeckt mit saftig-grünen Teebüschen. Vereinzelte Bäume unterbrechen den Rhythmus – eine übergrosse Parklandschaft. In den Senken stehen die bunten Häuser der Teepflücker, Tamilen, deren Vorfahren die Engländer vor 150 Jahren als billige Arbeitskräfte aus Südindien hergeschafft hatten.
Ein Tuktuk hat mich hoch gebracht, zurück gehe ich zu Fuss. Ich bin ganz allein unterwegs, nur der Wind rauscht durch die Bäume und die Vögel begrüssen fröhlich den neuen Tag. Auch in den Siedlungen erwacht nur langsam das Leben – es ist Sonntag und der einzige Tag, an dem sich die Teepflücker von ihrem harten Job erholen können.

Text + Fotos: © Copyright Heiner Hiltermann