Yogyakarta

Yogyakarta ist eine quirlige Millionenstadt auf Java. Unzählige Bajaj (Motorrad-Rikschas) prägen das Straßenbild. In dem schmalen Gassenlabyrinth rund um die Sosrowidaya Road ist sogar ihnen die Durchfahrt verboten. In den eng verschachtelten Häusern dort leben die Menschen von kleinen Geschäften: Eine Frau verkauft zum Frühstück Gado Gado, ein von einer Erdnusssoße geprägtes Reisgericht. Eine kleine Buchhandlung bietet Lektüre für die Traveller, die hier gerne absteigen. An den Dachvorsprüngen hängen große Käfige mit bunten Vögeln, deren fröhliches Gezwitscher den Morgen ankündigen. Die Stadt ist bekannt als Metropole der traditionellen Kultur Indonesiens. In der Malioboro, der zentralen Einkaufstaße, drängen sich die Läden, die Batik verkaufen – Tücher, Hemden, Kleider.
Das meiste der in den Geschäften angebotenen Batikstoffe ist Industrieware, aber ein paar Gallerien bieten handgearbeitete Kunstwerke. Zu entsprechenden Preisen. Ob sie das Geld wirklich wert sind?.

Am Ende der Malioboro wartet der Kraton auf Besucher, der Palast des Sultans, in dem dieser mit seiner Familie tatsächlich noch wohnt. Es sind deshalb auch nur einige wenige Räume zu besichtigen. Gamelan-Musik dringt aus einem Pavillion auf dem Palastgelände, harmonische Klänge von Bronzegongs. Sie begleiten ein Tanztheater, das ein altes hinduistisches Schöpfungsdrama zum Leben erweckt.

Im Umland Yogyakartas finden sich zwei Highlights, deretwegen allein sich eine Reise durch Java lohnen soll: der Prambanan, eine hinduistische Tempelanlage aus dem 8./9. Jahrhundert und der noch bekanntere buddhistische Borobudur, der etwa zur selben Zeit errichtet worden ist. Der Prambanan ist mit einem öffentlichen Bus zu erreichen, man fährt etwa eine dreiviertel Stunde. Als Senioren dürfen wir ihn kostenlos benutzen. Um einen zentralen 48 Meter hohen Shiva gewidmeten Tempel gruppieren sich vier kleinere, die allerdings mehr oder weniger stark bei einem Erdbeben 2006 beschädigt und noch nicht wieder vollständig restauriert worden sind. Wir sind fasziniert von den Bauwerken und den Steinreliefs, die auf verschiedenen Ebenen mythische Geschichten erzählen.

Mindestens ebenso stark faszinieren uns einheimische Schulklassen, die zu hunderten die Anlage bevölkern. Die Kinder – und auch ein paar Erwachsene – interessieren sich allerdings weniger für die steinerne Geschichte als für uns. Wir können keine zehn Meter gehen, ohne um eine Foto gebeten zu werden. «Mom, Sir, can we take a Photo please?», fragen sie höflich, und nach unserer Zustimmung gibt es kein Halten mehr: Jeder und Jede will mit aufs Bild! Und ist die eine Klasse durch, wartet schon die nächste. Ob Zufall oder nicht: Wir sind hier tatsächlich die einzigen westlichen Touristen.

Wir retten uns auf einen längeren Spaziergang durch den wunderschönen Park, der die Tempelanlage umgibt. Dorthin folgen uns die Schulklassen nicht. Große Bäume spenden wohltuend Schatten, Bänke laden zum Verweilen. Daneben stehen gemauerte Abfallbehälter. Schön emaillierte Metallplatten fordern auf, den Müll nach Plastik, Bio und Glas zu trennen.

Ganz anders empfängt uns der Borobudur. Ein Minibus bringt uns hin, Seniorenrabatt gibt es diesmal nicht. Hier fehlen die Schulklassen, dafür gibt es deutlich mehr westliche Touristen.
Wuchtig thront der Tempel auf einem Hügel unter dem Vulkan. Ein buddhistisches Mandala gab den Erbauern den Grundriss vor. Am Ende eines langen Zuwegs steigt eine breite Steintreppe zum Tempel empor. Doch leider ist dann Schluss: Die acht übereinander liegenden Ebenen, die den Weg der Erleuchtung symbolisieren, dürfen nicht betreten werden! Wegen Corona hat man sie geschlossen, und nach Ende der Pandemie sind die Verantwortlichen dabei geblieben, um die steinernen Kunstwerke vor Schäden durch die Besucher zu bewahren. Angeblich, geht das Gerücht, soll die ganze Anlage bald wieder zugänglich sein.
Uns bleibt nichts anderes übrig, als den Komplex auf der tiefsten Ebene zu umrunden. Die Reliefplatten beginnen erste auf der zweiten Ebene und sind zu weit weg, um ausgiebig bewundert zu werden. Wir sind nicht die einzigen enttäuschten Besucher.

Text & Fotos: © Copyright Heiner Hiltermann/Melli Fleig